30. Mai 2016

Aufzucht von Vegetariern...

"Ähm Abby.... was wird das denn jetzt?"

Keine Angst, ich werd hier keine Vegetarier ärgern... soll doch jeder essen, was er will.. oder auch nicht essen, was er nicht will... ó.Ò

Doch es gibt Lebewesen, die uns nicht verraten, was sie gerne essen würden und einfach alles schlucken, was wir ihnen geben... egal, ob es ihnen schadet oder nicht...

"Abby... komm zum Punkt!"

Versaut mir ruhig meine ausgeklügelte Einleitung... tze...

Vor einigen Tagen habe ich bereits in meinem Beitrag "Ausnahmen bestätigen die Regel", einen kleinen Teaser auf das heutige Thema geliefert.

Handaufzuchten von vegetarisch lebenden Singvögeln.

Es gibt da zwei Unterscheidungen: untreue Vegetarier und reine Vegetarier.

Untreue Vegetarier:
Zum Beispiel: KernbeißerKardinäleBuchfinkenGimpelGoldammern und Feldsperlinge.
Bei der Aufzucht ihrer Jungen, verfüttern sie die ersten Wochen tatsächlich ausschließlich Insekten, obwohl sie später rein oder zum Großteil vegetarisch leben.

Für die Aufzucht in Menschenhand bedeutet dies... irgendwie logisch... Insekten verfüttern. Wenn die Kleinen anfangen selbst zu fressen bzw es soweit ist ihnen das selbständige Fressen näher zu bringen, wird der Art entsprechend das Nahrungsangebot auf pflanzliche Kost erweitert.

Reine Vegetarier:
Hierzu zählen Girlitze, Stieglitze, Grünfinken und Bluthänflinge.
Lediglich in den ersten Lebenstagen verfüttern die Elterntiere ganz ganz wenige Insekten. Ansonsten wird auf tierische Eiweiße verzichtet.

Hierzu wird in menschlicher Obhut ein spezielles Aufzuchtfutter (NutriBird A21) verwendet, welches noch mit weiteren Komponenten (u.a. Korvimin und Mehrkornflocken) ergänzt wird. Hier muss ich ausnahmsweise der Wildvogelhilfe.org widersprechen, welche zu 70% Insekten beimischen würden. Die ersten 5 Lebenstage ist es durchaus sinnvoll Insekten hinzuzufügen, doch danach sollte auf diesen Bestandteil verzichtet werden.

Doch ich will hier jetzt gar keine haargenaue Anleitung zur Versorgung geben, denn jemand der gar keine Ahnung hat, sollte sich erfahrene Tierpfleger oder Tierärzte zur Hilfe holen. Besonders der Tierarzt empfiehlt sich, da dieser direkt einen Gesundheitscheck durchführen kann und idR Zugriff auf alle wichtigen Nahrungsergänzungsmittel hat.

Wichtig: Wildvögel sind nicht jedermanns Spezialgebiet. Diese zarten Wesen reagieren empfindlich auf Antibiotika und Stress. Beides überleben diese meist nicht. Darum erkundigt euch vorher genau, ob euer Tierarzt wirklich mit diesen Tierarten umgehen kann.

Größte Herausforderung:
Herausfinden, um welche Art es sich handelt.

Tatsächlich ist es sehr schwierig bei jungen Vögeln eine genaue Artenbestimmung durchzuführen. Speziell die ersten Lebenstage, wenn noch kein Gefieder zu sehen ist, bieten lediglich Schnabelform und Farbe des Schnabelinneren einen Hinweis auf die Art.

Selbst wenn die ersten Federn sprießen, ist eine Verwechslung nicht auszuschließen. So rätsel ich noch immer, ob es sich bei meinen aktuellen Zöglingen wirklich um Bluthänflinge handelt oder doch evt Girlitz oder Grünfink... zum Glück alles drei reine Vegetarier. ;-)

Meine Experten und die Wildvogelhilfe.org (hab denen Fotos geschickt und heute Antwort erhalten) sprechen aktuell zu 99,99% für den Bluthänfling... doch ich bin gespannt, ob dies so bleibt...

Zur Not: Da in den ersten Tagen auch die reinen Vegetarier einige wenige Insekten fressen dürfen, kann eine Erstversorgung mit Insekten durchaus durchgeführt werden, doch dann sollten so schnell wie möglich so viele Experten wie auffindbar eine Prognose abgeben, damit die Ernährung Artgerecht weitergeführt werden kann.

"Abby, was passiert denn, wenn ich mich bei der Aufzucht mit der Ernährung vertu oder gar Korvimin nicht zugebe, weil ichs eben nicht da hab... oder sonst irgendwie nur improvisieren kann?"

Viele Fütterungsfehler sind leider während der Aufzucht kaum zu bemerken, sondern fallen erst beim ausgewachsenem Vogel ins Gewicht. So werden Knochen brüchig, das Gefieder fluguntauglichFederkiele entpacke sich womöglich nicht richtig oder grade gewachsene Federn fallen wieder aus...

Für die Vögel die gnädigste Auswirkung ist wohl das versterben. Obwohl dies meist ein langer und elendiger Prozess ist, so müssen diese Vögel wenigstens nicht völlig entstellt in Gefangenschaft ihr Leben fristen.

Wer wirklich großes Interesse hat das Erlebnis einer Handaufzucht mitzumachen, der sollte sich an eine Auffangstelle oder Tierheim in seiner Umgebung wenden und fragen, ob Hilfe gebraucht wird. Besonders Auffangstationen sind zum Großteil auf ehrenamtliche Helfer angewiesen und führen jeden willigen Helfer mit Sicherheit gern in die Aufgaben einer Vogelmama ein. Traut euch!

And last but not least:
Hört auf Vögel einzusammeln!

Die meisten Jungvögel werden auch noch von ihren Eltern weiter versorgt, wenn diese aus dem Nest gefallen sind und sollten die Eltern sich entschieden haben das Küken bewusst aus dem Nest zu entfernen, dann hat dies idR Gründe! Diese Jungen sind oft fehlentwickelt oder anderweitig nicht überlebensfähig. Eine Aufzucht würde bedeuten ein nicht lebensfähiges Wesen zum Leben zu zwingen. Ihr tut weder euch, noch dem Vogel damit einen gefallen.

Zudem bedenkt: Wildtiere dürfen nicht einfach so aus der Natur entnommen werden. Das ist und bleibt eine Straftat, insofern kein guter Grund vorliegt. Und "guter Grund" bedeutet nicht "übertriebene Tierliebe"!

Die meisten Vogelküken versterben in der Handaufzucht. Dies ist für die Küken bis zum versterben ein unnötiger Leidensweg und für die Zieheltern auch kein schönes Gefühl. Manchmal ist es besser, die Natur, Natur sein zu lassen.

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